Ulrike Hanstein
leitet seit Oktober 2022 das VALIE EXPORT Center Linz
„Das persönliche Archiv von VALIE EXPORT ist ein einzigartiges Ideenarchiv, das für mich eine Auseinandersetzung mit der kritischen Zeitgenossenschaft der Gegenwartskunst inspiriert und antreibt. Das vielschichtige Geflecht von ästhetischen Verfahren und Wissenspraktiken möchte ich gemeinsam mit Studierenden und Kolleg*innen erforschen.“ sagt die Theater- und Filmwissenschaftlerin Ulrike Hanstein.
Biografie
Ulrike Hanstein studierte Angewandte Theaterwissenschaft in Gießen und promovierte in Filmwissenschaft an der FU Berlin. Sie hat in Weimar, Jena, Wien, Leipzig und Köln gelehrt, in Linz, London, Chicago und Los Angeles in Archiven recherchiert und leitet seit Oktober 2022 das VALIE EXPORT Center Linz _ Forschungszentrum für Medien- und Performancekunst. Ihre Arbeitsschwerpunkte sind feministische Film- und Videopraktiken, Performance Art, Konzepte des Dokumentarischen, Theorien der Gegenwartskunst, Künstlerinnen-Archive sowie Modelle und Methoden der Mediengeschichtsschreibung.
Tagungsbeitrag
VALIE EXPORTs Raumaufnahmen
Ulrike Hanstein
01.06.2023, 14:45
IFK Wien
Mit Laura Mulveys Text »Visual Pleasure and Narrative Cinema« (1975) setzte eine weitreichende kritische Debatte über den patriarchalen Blick und die fetischisierenden Körperrepräsentationen des klassischen Hollywood-Kinos ein. Mulveys Analyse der symbolischen Ordnung filmischer Sichtbarkeit wurde zu einem wichtigen Bezugspunkt in der theoretischen Auseinandersetzung mit visuellen Kulturen. Mulveys Überlegungen zur Materialität von Produktionsverhältnissen und zu den Möglichkeiten eines politisch und ästhetisch avantgardistischen Filmemachens wurden jedoch kaum besprochen.
Ulrike Hansteins Beitrag zeichnet nach, wie in der feministischen Filmkritik und in feministischen Experimentalfilmen der 1970er-Jahre radikal neue Relationen zwischen Körper und Raum, Kamera und Performenden, Kadrierung und Schauplatz, Bewegung und Stillstand, Bildfeld und Off, sinnlicher Wahrnehmung und Subjektivität denkbar werden. Mit material- und prozessorientierten Verfahren wenden sich Filmemacher*innen gegen die konventionelle Bildgestaltung, die Einstellungen und Bildanschlüsse den Blickachsen der Figuren unterordnet und damit den apparativen Kamerablick szenisch fiktionalisiert. Die Brüche mit der Konstruktion visueller Kontinuität und räumlicher Geschlossenheit erlauben es auch, den Zusammenhang zwischen technisch-materiellen Produktionsprozessen, wandelbaren Bildräumen, Aufführungsorten und Erfahrungsräumen des Zuschauens neu auszurichten.
Mit VALIE EXPORTs Arbeiten Interrupted Line (1971/1972), Bewegte Bilder über sich bewegende Personen (1973) und Adjungierte Dislokationen (1973) wird Ulrike Hanstein filmische Raumkonzepte ansprechen, die vertraute sequenzielle Ordnungen des Sichtbarwerdens verkomplizieren und neue raum-zeitliche Relationen entwerfen. Die Frage der Nicht-Orientierbarkeit – im Sinne einer ungewissen, bedingten und beweglichen Ausrichtung auf Welt – möchte sie auf die verkörperten und technisch strukturierten Handlungsräume des Filmemachens und Filmwahrnehmens beziehen.
Im Rahmen der internationalen Tagung Gender Topologies. Ästhetiken und Politiken der Nicht-Orientierbarkeit konzipiert von Sarah Kolb (Linz/Wien) und Ilka Becker (Mainz/Köln).
Antrittsvorlesung
Auspacken
Univ.-Prof.in Dr.in phil. Ulrike Hanstein
19.04.2023, 18:00 Uhr
online Mediaspace Kunstuniversität Linz
In ihrer Antrittsvorlesung „Auspacken“ sprach Ulrike Hanstein, Professorin für Kunst- und Medienwissenschaft am Institut für Bildende Kunst und Kulturwissenschaften sowie Leiterin des VALIE EXPORT Center Linz, am 19. April 2023 über die Rolle des Dokumentierens und Archivierens in der künstlerischen Arbeit.
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