Schwerpunkte

Profilbildend für die Arbeit des VALIE EXPORT Centers sind zwei Ausrichtungen der Forschung: Ein Schwerpunkt ist die materialorientierte und medientheoretische Auseinandersetzung mit Performance-Dokumentationen und mit den Überlieferungen feministischer Kunstpraktiken in Archiven und Sammlungen. Eingehender betrachtet werden die Verfahren der Dokumentation, die Archivprozesse und die Ausstellungspraktiken prozessorientierter Kunst. Das Interesse gilt den Praktiken, die temporäre ästhetische Erfahrungen und Konzepte des Ereignishaften überliefern und deuten. Eine solche Untersuchung spezifischer Verhältnisse von Prozesshaftigkeit, Wissen und Zeit erlaubt es, die Geschichte der Medienkunst (Intermedia Art, Neue Musik, Experimentalfilm, Expanded Cinema, Perfomancevideo, Videoinstallation, Computerkunst, digitale Bilder, kinematografische Installation etc.) als explorativen Beitrag zu den formalisierenden Übersetzungsprozessen der Medientheorie zu erfassen. Eine kunst- und medientheoretische Betrachtung kann eine solche Wissensgeschichte der Experimentalisierung des Sehen, des Hörens und der sensorischen Interaktion entfalten und begrifflich differenzieren.

Eine zweite Forschungsperspektive ist die Auseinandersetzung mit dem Handlungswissen der Performance Art. Als verkörperte Handlungsvollzüge, kommunikative Verhaltensweisen, soziale Ereignisse und Szenarien oder Simulationen möglicher Zukünfte sind Performances ein eigener Modus der Aneignung, Weitergabe und Überlieferung von Wissen. Performancesituationen und Performancepraktiken geben immer spezifische Auffassungen der Körperlichkeit, der Subjektivität, der Lebendigkeit, der Zugehörigkeit, der Teilhabe, der Erinnerung, der Handlungsmacht und der Aktivierung sozialer Beziehungen zu erkennen. In der Nähe zu aktivistischen und politischen Protestformen können die Akte von/in Performances als veränderndes Eingreifen in reale Situationen beschrieben werden und als Entwürfe denkbarer Handlungs- und Existenzweisen.

Beide Ausrichtungen der Forschungsaktivitäten befassen sich mit den technologischen Bedingungen und dem impliziten Wissen künstlerischer Produktionsprozesse (Improvisation, Notationen, Entwurfstechniken, Szenarien, Proben, Infrastrukturen, Netzwerke, asynchrone und synchrone Kommunikation, Materialitäten und Affekte). Für diese Forschungen ist das Archiv von VALIE EXPORT ein materieller und konzeptueller Möglichkeitsraum für Mikrogeschichten, die etwas Überliefertes auf Fragen von Zukunft ausrichten.