A radical performance artist ahead of her time
Marie-Luise Angerer
VALIE EXPORT zählt zu den führenden Persönlichkeiten der internationalen und feministischen Medienkunst. Lange bevor diese Kunst als Medienkunst bezeichnet wurde, hat die Künstlerin den Körper, den Blick, die Berührung und die Sprache als mediale Artikulationen/Konstruktionen verstanden und in ihrem künstlerischen Werk die darin eingeschriebenen Strukturen von Macht und Begehren dechiffriert. Seit Mitte der 1970er Jahre war EXPORT mit jenen Theoretikerinnen, Filmemacherinnen und Schriftstellerinnen in Kontakt, die in ihren Arbeiten die Anstrengung unternahmen, die „unsichtbaren Gegner“ (so auch der Titel eines Films von EXPORT, 1976/77) aufzuspüren und die Traditionen von Kirche, Familie, Wissenschaft, Medizin und Medien als machtvolle Stützen des Patriarchats lustvoll vorzuführen.
Mit dem Körper über den Körper der FRAU hinaus. So könnte die Hauptstrategie EXPORTs umschrieben werden: unter Einsatz ihres eigenen Körpers aufzuzeigen, wie sehr dieser durch machtvolle Grenzlinien die dem Körper eigenen Fluchtlinien blockiert. In teils – auch heute nach wie vor – irritierenden Performances lotet VALIE EXPORT diese Grenzüberschreitungen aus. Und sie war sicherlich keine Vorreiterin des heute flächendeckenden Tattoo-Wahns, als sie sich ein Strumpfband auf ihren Oberschenkel tätowieren ließ (1970). Doch gerade hier zeigt sich die infam dünne Linie zwischen Kunst und Alltag, Kunst und Kommerz, Kunst und Kitsch, Kunst und Kapitalismus, die EXPORT mit dem Strumpfband so genial mehrdeutig verbergen/verschieben/aufdecken konnte.
VALIE EXPORT verstand es wie keine andere, große Gesten mit kleinen, unaufdringlichen Zeichen zu vermengen, plakative Signale ebenso zu nutzen wie unauffällige Details hervorzuheben. Dieser Künstlerin des radikalen Spagats soll mit der Eröffnung des VALIE EXPORT Centers Linz gedankt werden.