VALIE EXPORT. Forschung - Archiv - Werk

10.06 – 12.08.2018
Kuratorin Sabine Folie
Neuer Berliner Kunstverein, Berlin

Seit den Anfängen ihrer künstlerischen Tätigkeit in den späten 1960er Jahren widmet sich VALIE EXPORT kontextuellen Verschiebungen und Variationen von Körpern und Subjekten in „zivilisatorischen Prozessen“. Diese lassen sich auch in den Bildwerdungsprozessen und Studien der Künstlerin ablesen. „Kontext-Variationen“ und „Zustandsveränderungen“, die sich aus dem Prozess der künstlerischen Forschung ergeben und die schließlich zu einem Werk hinführen, ist die Ausstellung im Neuen Berliner Kunstverein, Berlin gewidmet. Skizzen, Entwürfe, Modelle, Konzepte, Gedanken, die Teil des Vorlasses von VALIE EXPORT sind, werden zu ihren Werken in Bezug gebracht. 

Die im n.b.k. präsentierten Werkkomplexe unterschiedlicher Ausrichtung aus fünf Jahrzehnten verdeutlichen die Vielfalt der Themen im Gesamtwerk von VALIE EXPORT. Sie reichen von der Beschäftigung mit den dichotomischen Spaltungen des Denkens und Handelns in Kultur/Natur, Sprache/Körper oder männlich/weiblich bis zur Verortung des menschlichen und vor allem des weiblichen Subjekts in der Welt – innerhalb eines (konstruierten) Gesellschaftskörpers, der seine Materialisierung in Architekturen, Technologien und Medien findet.

VALIE EXPORT gilt als eine der wichtigsten Vertreter_innen konzeptueller Medien-, Performance- und Filmkunst, sie prägte mit ihren feministischen und medienkritischen Werken Generationen von nachfolgenden Künstler_innen nachhaltig. Der Neue Berliner Kunstverein (n.b.k.) widmet VALIE EXPORT die erste repräsentative Ausstellung von Werken und Archivalien in einer deutschen Institution seit 15 Jahren.

Von Beginn ihrer Karriere an setzte sich EXPORT mit einer immer stärker mediatisierten Gesellschaft auseinander und befragte deren Funktionsweisen, Leitbilder und Kommunikationsmechanismen. 1968 – in dem Jahr, in dem Frauenrechtsbewegung und Studentenproteste die bürgerliche Gesellschaft herausforderten – lenkt EXPORT mit Aktionen wie Tapp- und Tastkino oder Aktionshose Genitalpanik den Blick auf den weiblichen Körper und die Einschreibungen, die die Gesellschaft in jenem vornimmt. Doch auch über diese inzwischen kanonischen Werke hinaus schafft EXPORT in den 1980er und 1990er Jahren ein Œuvre, das medienreflexiv und politisch das Spannungsverhältnis von Individuum und Gesellschaft beleuchtet. Hierbei lotet die Künstlerin Grenzen des Sicht- und Sagbaren aus und schafft zugleich über Mediengrenzen hinweg Verbindungen zwischen scheinbar disparaten Forschungsfeldern.

Wie Architektur, Technologien und Medien den Menschen (de)formieren, ist dabei zentraler Forschungsgegenstand: In der Ausstellung werden Archivmaterialien und Arbeiten aus dem Werkkomplex der Betrachtungen von Kultur und Natur der 1970er Jahre genauso gezeigt wie solche, die das schreibende, sich durch Schrift konstituierende Subjekt zum Gegenstand haben. In Fotografien, Filmen und Installationen der 1980er und 1990er Jahre begibt sich die Künstlerin auf die Spur des im digitalen Zeitalter fragmentierten und entfremdeten Selbst. Dabei werden in allegorischen Bildfindungen neue Perspektiven erkundet, analysiert und ausgereizt. Die Ausstellung ermöglicht einen Einblick in die Arbeitsweise von VALIE EXPORT, nimmt Aspekte ihrer Praxis der Raum-, Körper- und Medienbefragung in den Blick und unterstreicht zugleich den forschenden Charakter des künstlerischen Prozesses.

Die Kuratorin Sabine Folie hat mit der Künstlerin eine Ausstellung entwickelt, die nach einer ersten Präsentation im Lentos Kunstmuseum Linz in 2017 nun in erweiterter Form unter dem Titel VALIE EXPORT. Forschung – Archiv – Werk im Neuen Berliner Kunstverein zu sehen ist. Die Präsentation in den Räumen des n.b.k. umfasst wichtige Werke der Künstlerin, die in der Zusammenschau mit Archivalien wie Skizzen, Briefen, Fotos und Notizen den Schaffensprozess von EXPORT in einzigartiger Weise dokumentieren. Die Archivalien kommen aus dem Vorlass der Künstlerin, der seit November 2017 unter der Leitung von Sabine Folie im VALIE EXPORT Center Linz beforscht wird und dort für eine interessierte Öffentlichkeit zugänglich ist.